Obstbäume: Vorspann und Verjüngung

Vorspann (Zwillingswurzel):

Die Unterlage eines Baumes bestimmt, ob ein Baum schwach oder stark wächst. Will man nachträglich die Wuchskraft eines Apfelbaumes erhöhen, geht das durch Einveredeln einer starkwachsenden Unterlage (=Vorspann). Zu den Unterlagen M7, M9 und M26 passen M4 und M11, für M4 passt nur M11 als Vorspann. Bei Pflanzsaison wird eine junge Unterlage 10 cm vom Stamm entfernt eingepflanzt, auf 30 - 40 cm zurückgeschnitten und von allen Seitentrieben befreit. Im Mai des folgenden Jahres ist die richtige Zeit zum Einveredeln. Man sucht sich einen glatten Rindenteil am Standbaum ohne Wunden und Astansätze etwa 25 cm vom Boden entfernt, biegt die neue Unterlage zum Stamm hin und schneidet sie passend dazu ab. Beide Teile werden mit einem Tuch gesäubert. Die Unterlage erhält keilförmig zwei etwa 50 mm lange Kopulationsschnitte, die eine Schnittfläche dem Standbaum zugewandt, die andere gegenüber zum Betrachter hin. Dann schneidet man mit dem Messer passend zur Unterlage zweimal senkrecht und parallel in die Rinde des Stammes, dann waagerecht am unteren Ende der Schnitte und löst den Rindenlappen von unten nach oben. Die Unterlage wird zum Stamm hin gebogen und unter den Rindenlappen geschoben. Anschließend kann man die Rinde mit Unterlage durch einen kleinen Nagel am Stamm befestigen oder mit Bast befestigen. In beiden Fällen mit Baumwachs luftdicht verstreichen. Somit steht der Baum bei erfolgreicher Operation auf zwei Beinen. Das kann so bleiben, wenn die Erwartungen voll erfüllt sind.

Ist die Wuchskraft zu stark, so kann der Eingriff innerhalb einer Zeit von acht Jahren rückgängig gemacht werden. Das sollte im Frühjahr erfolgen: Den Vorspann etwa in der Mitte keilförmig bis zur Mitte des Durchmessers einsägen. Dadurch wird das Wachstum in der ursprünglichen Unterlage aktiviert. Im folgenden Jahr dann den Vorspann vollständig durchtrennen. Danach gibt es wahrscheinlich eine besonders gute Ernte, aber kleinere Blätter. Nach zwei bis drei Jahren hat der Baum den Eingriff dann vollständig verarbeitet. Man kann ihn darin unterstützen durch gute Ernährung und Bewässerung.- Für andere Obstarten ist dieser Eingriff wenig sinnvoll, weil nicht genügend Auswahl für die Unterlagen vorhanden ist. -

 

Verjüngung:

Im Alter entstehen immer weniger Neutriebe, nur das Fruchtholz nimmt zu, die Qualität der Früchte jedoch ab, weil sie zu wenig Licht bekommen. In diesem Falle ist eine Verjüngung angesagt, sofern der Baum gesund und noch nicht zu alt ist. Vor allem Bäume auf schwach wachsenden Unterlagen neigen zur Vergreisung. Durch die Verjüngung wird die Krone verkleinert, die Fruchtmenge verringert, aber deren Qualität wieder verbessert und die Triebkraft erhöht.

Die Krone wird ausgelichtet, die Leitäste und der Mittelast werden freigestellt. Je nach Alter wird dann das Kronendach um 1/4 bis 1/3 verkürzt, das kann bis zu 3 m sein. Vom schwächsten Leitast ausgehend, setzt man die Leitäste und die Stammverlängerung auf tiefer stehende Seitenäste ab, die in die richtige Richtung weisen. Sie werden auf etwa einen halben Meter freigeschnitten (alle Seitentriebe werden entfernt). Alle übrigen Seitenäste werden ebenfalls zurückgeschnitten, sie müssen sich in die Umrisse der neuen Krone einfügen. Das bedeutet, dass die oberen Seitenäste stärker verjüngt werden als die tiefer stehenden. Das Fruchtholz am Mittelast wird stark zurückgeschnitten, damit neues Fruchtholz nachwächst. Dann werden die Leitäste nachgearbeitet, wie bei Obstbaumschnitt beschrieben. Sie müssen danach wieder in der Saftwaage stehen. - Apfel, Birne, Pflaume und Zwetsche werden im Spätwinter verjüngt, Sauerkirsche und Pfirsich nach der Ernte. Bei Mirabellen, Pflaumen, Süßkirschen und Zwetschen wird üblicherweise nicht so stark zurückgeschnitten, man leitet ab auf niedriger stehende Seitenäste und formiert ein 120° Dach. Das gesamte Fruchtholz wird ebenso verjüngt. Im nachfolgenden Sommer werden die nach innen wachsenden Triebe und die Wasserschosse entfernt, es sei denn, letztere stehen günstig. Dann werden sie heruntergebunden. Sie bilden dann Fruchttriebe und Blüten aus. Werden die Steiltriebe auf etwa vier Augen gekürzt, bilden sie ebenfalls Fruchtholz aus.

 

Siehe auch Obstbäume - Veredelungen und Umpropfen