Kompost einarbeiten

Bodenbearbeitung, Kompostierung, Düngung
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Carolyn
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Kompost einarbeiten

Beitrag von Carolyn » Mo Mai 16, 2011 11:13

Nachdem ich letzte Woche wieder in einem Vortrag gehört habe, dass man nicht umgraben soll, weil die Erdschichten durcheinander gebracht werden (was ich auch absolut nachvollziehen kann) mal eine "dumme" Frage an diejenigen, die das praktizieren: Wie arbeitet ihr Kompost ein, wenn ihr ihn nicht untergrabt?

Ich grabe um, um Wurzelunkraut zu entfernen, den Boden tief zu lockern und eben den Kompost nach unten zu bringen. Sprich ein kleiner Graben, Kompost rein, nächster Graben daneben und mit dieser Erde den Kompost abdecken. Wurzelunkräuter halten sich inzwischen in bestimmten Bereichen in Grenzen, lockern kann man auch ohne die Erde umzudrehen, aber wie bekommt ihr den Kompost in den Wurzelbereich? Denn an der Oberfläche vertrocknet er ja nur und die Nährstoffe kommen nicht wirklich dahin, wo sie hin sollen. Oder? Die Erde wieder in genau der Schichtung abzulegen halte ich für schlichtweg unmöglich, zumindest aber für unpraktikabel.

Kompost fällt bei mir in rauen Mengen an, außerdem ist er mein Hauptdünger im Garten. Da ich die Beete nicht besonders intensiv bewirtschafte, verwende ich ansonsten so gut wie gar keinen Dünger (außer für Stauden u.ä.). Verzichten kann und will ich auf reichliche Kompostgaben also nicht.
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Re: Kompost einarbeiten

Beitrag von friederike » Mo Mai 16, 2011 12:58

Hallo Carolyne
ich finde das genauso verwirrend wie du, ich habe die letzten 2 Jahre den kompost eingeharkt, also verteilt und dann mit meiner 3 spitzigen hacke eingeharkt, aber die haelfte bleibt oben und vertrocknet......ich hoffe das der regen das gute reinwaescht. Ich bin jedenfalls gespannt, wie was die anderen so schreiben.

:nachdenk:
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Re: Kompost einarbeiten

Beitrag von Mia » Mo Mai 16, 2011 21:32

Hallo Carolyn, hallo Ihr, :smile: :smile:

bei Wurzelunkräutern muss man tief buddeln, sonst bekommt man sie ja nicht weg! Aber ist das abgeschlossen, braucht man eigentlich nicht mehr zu graben.

Ich harke Kompost seit nunmehr 23 Jahren - wie Du Friederike - mit der dreispitzigen Hacke immer ein. Das ergab sich damals aus der Lektüre von Marie Luise Kreuter und der damaligen Zeitschrift Kraut&Rüben, an der sie ja auch beteiligt war.
Ich versuche mal, meine Erinnerungen zusammenzukramen.

Ich würde sagen, es gibt Kompost in verschiedenen Stadien:
Es gibt frühen Mulchkompost, Reifkompost, sehr reifen Kompost und 'toten' Kompost.

Also: Es gibt zunächst den halbreifen Kompost, den Mulchkompost. Ihn kann man schon nach vier, fünf Monaten verwenden.
Er ist dann halb zersetzt und lebt - durch die Winzviecher und Bodenbakterien, die in ihm stecken - noch ganz gewaltig.
Dieser Kompost sollte nie mit Wurzeln in Berührung kommen. Einerseits könnte er für Wurzeln zu scharf sein, andererseits ist es so, dass, wenn man was Lebendiges eingräbt, es unter Luftabschluss anfängt zu faulen. Und genau solche Fäulnisprozesse können wir ja bei unseren Pflänzchen und Gemüsen NICHT brauchen. Frischer Mulchkompost sollte nur über die Oberfläche Kontakt mit der Erde bekommen, er "impft" die Erde von sich aus mit seinen herabsteigenden Lebewesen ( die eingebuddelt wegen Sauerstoffmangels eingehen würden) . Man sollte ihn ETWAS einharken, und ansonsten die Fläche über ihm mulchen ( so war der Rat vor 23 Jahren), damit er nicht in der Hitze verdorrt, oder vom Regen weggeschwemmt wird.

Kompost ist reif ( der sogenannte Reifkompost) wenn er sich, bei richtiger Schichtung, etwa nach einem Jahr, in wohlriechende braune Erde verwandelt hat. Seine Reife zeigt sich auch durch den Rückzug der Regenwürmer. Trotzdem leben ja tausend Winzviecher weiterhin in ihm! Es ist also nach wie vor ein lebendiges Zeug, was wir da auf die Beete bringen. Dieses lebendige Zeug braucht weiterhin Sauerstoff, also darf es nicht untergebuddelt werden. Hier zeigt sich der Kompost in seiner allerfeinsten, allerbesten Form: Er düngt, durch Herabsinken der Nährstoffe - und er reichert das Bodenleben an, durch Herabsteigen der Bodenlebewesen. Vor 23 jahren war die Biogärtneregel, dass auch er oben gemulcht gehört, wie auch der nächste ---

--- der seeehr reife Kompost. Hier sind die Bodenbakterien schon auf dem Rückzug. Er wirkt jetzt vor allem als Dünger. Er kann, fein gesiebt, in Saatrillen und Pflanzlöcher gegeben werden. Er ist aber immer noch zu schade, ihn großzügig unterzubuddeln.

Liegt der Kompost noch länger, passiert folgendes: Die Winzviecher (Bodenbakterien) sterben ab, der Kompost wird fester, mineralisiert, verliert dabei an Leben und an Nährstoffen. DEN kann man im Prinzip als reinen Dünger untergraben, wie es vermutlich auch vielerorts gemacht wird. Man hat aber - was die Anregung des Bodenlebens betrifft - nicht mehr soviel von ihm. Als reiner Dünger aber, ist er ja gut. Man muss nur die Grenze hinkriegen, dass man nichts unterbuddelt, was noch lebt und Sauerstoff braucht.

*******

Ich hab es lange Jahre gemacht, dass ich lebenden Kompost auf dem Beet im Sommer auch noch mulchte, Carolyn und Friederike, eben damit er nicht austrocknete. Heute mache ich das nicht mehr, denn unterm Mulch sitzen ja sooo gerne die Schnecks.... :doh: Ich guck, dass der Kompost möglichst schon gut reif ist, und den hark ich im Frühjahr ein - Feierabend.

Allerdings mulche ich den gesamten Winter über. Man kann gut im Herbst etwas Mist und halbverrotteten Kompost auf die Beete tun, und dann schmeisse ich dick alles drauf, was ich an zusammengerechten Obstbaumblättern habe. Im Frühjahr findet man dann unter der Blätterschicht einen lebendigen, warmen Boden.

So grabe ich auch nicht um, Carolyn. Ich hab so eine Gartenkralle zum Drehen, damit lockere ich im Frühjahr die Beete - und mehr braucht es dann auch nicht.

Lieben Gruß,
Mia
Ich möchte so ein guter Mensch werden, wie meine Hunde von mir glauben, dass ich es bin.

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Re: Kompost einarbeiten

Beitrag von lizzard » Di Mai 17, 2011 08:41

Wenn man aber nicht umgräbt, dann kann man ja auch nicht großartig krümeln oder?
Also ich meine, die Erde so schön krümelig hacken.

Und wie soll das bei lehmigem Boden gehen? Ich will ja nicht auf einen Schlag die gesamte Erde halben Meter tief gegen "gute" Erde tauschen. Das Geld habe ich nicht. Statt dessen will ich es auf die Jahre hinweg verbessern. Und das bedeutet, dass ich alljährlich im Frühjahr wie im Herbst Kompost von der Deponie anfahren werde und den einarbeite.
Aber wenn ich nicht tief umgrabe, dann wird sich der Boden auch nicht in tieferen Schichten verbessern. Oder??
Liebe Grüße
Liz

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Re: Kompost einarbeiten

Beitrag von Cerifera » Di Mai 17, 2011 09:15

normalerweise wird der Boden durch die Bodenlebewesen (wie Regenwürmer) tiefgründig gelockert wenn genügend organisches Material darauf kommt. Allerdings sollte Lehmboden Sand beigemischt werden für eine bessere Durchlüftung und Drainage. Ich habe den Kompost auch auf die Beete gegeben, die ich aber vorher bereits gelockert hatte. Dann mit einem Rechen nur noch glattziehen.

lizzard vielleicht würde Dir auch die Einarbeitung von Perlite etwas bringen?

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Carolyn
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Re: Kompost einarbeiten

Beitrag von Carolyn » Di Mai 17, 2011 10:03

Mein Kompost ist grundsätzlich drei Jahre alt, manchmal auch älter. Also vermutlich die letzte Kategorie und reiner Dünger.
Gründlich auflockern muss ich den Boden, da reicht so eine simple Gartenkralle nicht. :lol: Ich hab ja auch schon einige Gabelstiele abgebrochen beim Umgraben, da braucht es schon was Kräftigeres. :wink: Und so viel übrige Zeit, dass ich den Kompost auch noch sieben könnte, habe ich definitiv nicht.
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Re: Kompost einarbeiten

Beitrag von fiddler » Di Mai 17, 2011 22:57

Ich grabe normalerweise einen Spaten tief um (wenn ich es schaffe, im Herbst, wenn nicht, dann im zeitigen Frühjahr), dann kommt im zeitigen Frühjahr der Kompost oben drauf. Bis zur Bestellung kann das dann noch eine Weile so liegen, dann gehe ich nochmal mit dem Grubber durch. Dabei mischt sich der Kompost mehr oder weniger mit der oberen Bodenschicht.

Ich hatte noch keinen Garten so lange, dass ich auf Umgraben wirklich verzichten konnte. Immer gibt es tief wurzelnde Unkräuter, denen eigentlich nur mit Umgraben und Auslesen beizukommen ist. Ich glaube auch nicht, dass ein nicht zu tiefes Umgraben schädlich ist. Der Start mit einem einigermaßen unkrautfreien Beet ist mir hier wichtiger.

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Re: Kompost einarbeiten

Beitrag von lizzard » Mi Mai 18, 2011 08:37

Cerifera hat geschrieben:
lizzard vielleicht würde Dir auch die Einarbeitung von Perlite etwas bringen?
Das habe ich auch mal irgendwo gelesen. Aber damit das was bringt, müsste ich größere Mengen beschaffen. Und das ist mir ehrlich gesagt für eine Wohnung zur Miete zu viel Geld, das ich da investieren müsste.
Ich gebe zwar auch so viel Geld für den Garten aus. Aber da habe ich direkt was davon (Obst, Gemüse, schöner Anblick,....).
Da grabe ich dann doch lieber weiter um und karre Kompost an, für den ich pro Kofferraumladung gerade mal drei Euro bezahle. Und eine Kofferraumladung voll genügt für alle Bereiche, die ich damit bedienen will. :nod:
Liebe Grüße
Liz

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Re: Kompost einarbeiten

Beitrag von Nemesia » Mi Mai 18, 2011 09:04

Mia, dein Beitrag war spitzenmäßig gut :grin: Besser kann man das mit dem Kompost nicht erklären...Super gemacht :daumen:
Mia hat geschrieben:Kompost ist reif ( der sogenannte Reifkompost) wenn er sich, bei richtiger Schichtung, etwa nach einem Jahr, in wohlriechende braune Erde verwandelt hat...... Dieses lebendige Zeug braucht weiterhin Sauerstoff, also darf es nicht untergebuddelt werden. Hier zeigt sich der Kompost in seiner allerfeinsten, allerbesten Form:
Jep...genauso ist es...Da bei uns massig Kompost anfällt, steht uns Jahr für Jahr diese wertvolle Form zur Verfügung und die buddel ich dann natürlich nicht unter, sondern harke sie vorsichtig in den Boden ein....

Umgraben tu ich nicht...Im Herbst kommt Gründüngung auf die Beete....ansonsten arbeite ich mit der Grabegabel und dem Sauzahn und hacke die Erde durch....
Mia hat geschrieben:Ich hab es lange Jahre gemacht, dass ich lebenden Kompost auf dem Beet im Sommer auch noch mulchte, Heute mache ich das nicht mehr, denn unterm Mulch sitzen ja sooo gerne die Schnecks....
Ja gell....die fühlen sich da pudelwohl :teuflisch: ...

Ich mulche trotzdem...-meistens mit Grasschnitt und anfallenden Unkräutern- Hier steht WARUM:
Nemesia hat geschrieben:Rasenschnitt ist genial um die Beete zu mulchen :nod: :thumbsup: Er fault nur, wenn man ihn zu dick aufträgt (wie sniffer schon gesagt hat :wink: ) Mulchen mit Rasenschnitt hat viele Vorteile...der Boden trocknet nicht so schnell aus (man braucht weniger gießen). Und die Regenwürmer lieben Rasenschnitt :nod: sie ziehen ihn in den Boden, lockern ihn dadurch auf und hinterlassen wertvollen Dünger....Sie sind richtige kleine Zauberwesen, denn sie lockern den Boden so nachhaltig, wie wir es niemals per Hand hinkriegen würden..Bild

Dann zieht diese Mulchdecke natürlich auch viele Insekten an...welche wiederum von den Vögeln sehr begehrt werden und grade jetzt, wo sie ihre Kleinen aufziehen und füttern müssen, sind sie dankbar für jedes zusätzliche Stück Futter :wink:
Aufpassen muss man wie gesagt nur, dass die Mulchschicht nicht zu dick wird...maximal 2cm.
Da sich die Schnecken gerne unter den Holzbrettern verstecken, die bei mir zwischen den Beeten liegen ...kann ich sie morgens problemlos einsammeln...So habe ich das "einigermaßen" im Griff.... :wink:

LG von Nemesia :wink:

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Re: Kompost einarbeiten

Beitrag von Carolyn » Mi Mai 18, 2011 09:55

Noch etwas, das ich nicht verstehe: Luftabschluß? Sauerstoffmangel? Wenn in 20 oder 30 cm Tiefe alles luftdicht wäre, dann hätten auch Regenwürmer und Pflanzenwurzeln ein Problem. Ich kann mir nur bei stark verdichtetem Boden vorstellen, dass es da zu Problemen kommt. Und ich grabe ja eben um, damit der Boden locker wird.
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Re: Kompost einarbeiten

Beitrag von Humusgärtner » Do Mai 19, 2011 11:12

Nemesia hat geschrieben:Mia, dein Beitrag war spitzenmäßig gut Besser kann man das mit dem Kompost nicht erklären...Super gemacht

Dem kann man nur zustimmen. :nod:

Ich selbst versorge die (Grün)Pflanzen in meiner Wohnung seit Mitte/Ende letzten Jahres mit Wurmhumus ... dieses Jahr habe ich damit auch auf dem Balkon angefangen.

Nächste Woche will ich 5 selbstgezogene Tomatenpflanzen auf ein ehemaliges und überwuchtertes Gartenbeet pflanzen.
Ungeachtet aller anderen Empfehlungen ist geplant den Wurmhumus nur auf das Beet zu streuen und dann mit Heu zu mulchen. Eine Einarbeitung des Wurmhumuses in das Erdreich werde ich auch nicht vornehmen.

Offiziell zählt Wurmhumus als Bodenhilfsstoff und nicht als Dünger. Aber da Kompost funktioniert, sollte mein Wurmhumus das auch tun. Allerdings werde ich hin und wieder stark von Zweifeln geplagt. Ich bin da wirklich blutiger Anfänger.

Drückt mir mal die Daumen. Danke

Mia
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Re: Kompost einarbeiten

Beitrag von Mia » Fr Mai 20, 2011 01:28

Hallo in die liebe Runde,

danke für viel Lob und Einspruch! :smile: :smile: :smile:
Ich glaub, ich muss hier jetzt mal antworten, hab aber nicht so ganz viel Zeit, mal gucken, ob ich das "sortiert" hinkriege.

Zunächst an Fiddler und Carolyn:
Wer Wurzelunkräuter hat, muss tief graben, sonst wird er sie nicht los. Also, bei Befall mit tiefen Wurzelunkräutern ist das Ausgraben unerlässlich. Das hat aber letztlich nichts mehr mit dem Thema: "Umgraben zur generellen Bodenlockerung" oder "Aufbringen von Kompost" zu tun. Legen wir jetzt also mal das Graben, was der Beseitigung der Wurzelunkräuter dient, in die Vergangenheit und gehen mal einen Schritt weiter:

Liz schreibt:
Wenn man aber nicht umgräbt, dann kann man ja auch nicht großartig krümeln oder? Also ich meine, die Erde so schön krümelig hacken. Und wie soll das bei lehmigem Boden gehen? Ich will ja nicht auf einen Schlag die gesamte Erde halben Meter tief gegen "gute" Erde tauschen. Das Geld habe ich nicht. Statt dessen will ich es auf die Jahre hinweg verbessern. Und das bedeutet, dass ich alljährlich im Frühjahr wie im Herbst Kompost von der Deponie anfahren werde und den einarbeite. Aber wenn ich nicht tief umgrabe, dann wird sich der Boden auch nicht in tieferen Schichten verbessern. Oder??
Carolyn schreibt:
Gründlich auflockern muss ich den Boden, da reicht so eine simple Gartenkralle nicht. Ich hab ja auch schon einige Gabelstiele abgebrochen beim Umgraben, da braucht es schon was Kräftigeres.
Hier sind wir jetzt also rein beim Thema "Bodenlockerung" und " Bodenverbeserung", okay?
In dem, was Ihr beide schreibt, Liz und Carolyn, steckt die gedanklich viel verbreitete Meinung, dass man eben umgraben und in der Tiefe Kompost einbringen MUSS, damit es später den Effekt der Verbesserung des Lehmbodens hat. Der Biogärtner sieht das anders. Er handelt so, wie der Wald das tut.

Und jetzt stellt Euch vor, Ihr währet im Wald.
Auf der einen Seite haben wir Buchen und Eichen und Robinien, auf der anderen Seite Fichtenschonungen ( so hier in NRW) .
Nun kniet nieder und grabbelt die oberste Schicht des verrottendes Laubes auf der einen Seite, und die der verrottenden Nadeln auf der anderen Seite mit den Händen weg. Was findet Ihr darunter?
Ihr findet unter den Laubbäumen einen braunen, unter den Tannen einen fast schwarzen Boden, jeweils mit ungeheuer lockerer, feiner Struktur.
Nun geht gedanklich aus dem Wald heraus, auf den angrenzenden Acker. Hier findet Ihr festen, gelblichen Lehmboden, bei dem die Bodenpartikel bei Regen verpappen. Hier wird seit Jahrzehnten Mais angebaut oder Winterweizen, oder auch sonstiges Korn, oder Raps.
Es ist nur eine Grenze von einem Meter, die den Wald vom Acker trennt. Die Bodenbeschaffenheit ist aber gänzlich anders.
Im Wald ist sie tiefgründig, dunkel und locker, auf dem Acker ist sie lehmig, fest und trocken. Und dass, obwohl der Mensch hier seit 50 oder 100 Jahren den Acker bestellte.
Der Wald hat genau den gleichen Lehmboden wie der Acker nebenan, trotzdem sieht sein Boden gänzlich anders aus, fühlt sich auch gänzlich anders an. - WARUM?

Hat hier jemand tief gegraben, den Waldboden ständig umgepflügt, um ihn bis in die Tiefen zu lockern, mit Kompost zu düngen, damit er endlich diese unsäglich feine Struktur erhielt? --- Nee, hat keiner gemacht.

Nein, unsere Leute mühten sich auf dem Acker, haben umgepflügt und Nährstoffe eingegraben, und das Ergebnis ist ein recht trockenes, lehmiges Feld, oder, bei Nässe, ein lehmiger Matschhaufen mit schwerer Struktur.

Wer hat nun recht? Der Wald, oder die Leute? - Das Ergebnis liegt auf der Hand, oder?

***********

Das ist die Kunst des Biogärtners, dem es ein Anliegen ist, die natürlichen Vorgänge in der Natur nachzuahmen, weil er weiß, dass DIE es schafft!
Und wie schafft die Natur einen solch lockeren Boden?
Indem sie ständig von oben "natürlichen Kompost" ( Bätterfall/Nadelfall) als zu verottende Bestandteile draufpackt. Da wird nix eingearbeitet. Da wird nicht umgegraben.

Indem sie ferner schattiert. - Gut, 'nen Wald können wir auf unseren Gemüsebeeten nicht brauchen, aber auch auf Freiflächen lässt die Natur keinen Zentimeter Bodens auf Dauer unbewachsen. Selbst die kleinsten Pflänzchen geben dem Boden Schatten, halten die Feuchtigkeit darin, und spenden durch ihre herabfallenden Blätter neuen Humus.

Auf den Garten der Menschen bezogen bedeutet das: Der Trick ist, immer lebenden Kompost und verrottendes Grünzeug obenauf zu packen, wobei letzteres, als Mulch, auch wieder schattierend wirkt. Er wird, wie Nemesia das völlig korrekt beschreibt, von den Regenwürmer dann wieder eingezogen, was wiederum das Bodenleben verbessert.
Also, je mehr wir uns da der Natur annähern, um so eher wird aus dem gelben, schweren Lehm - von sich aus - ein feinkrümeliger Boden.

Fazit: Wenn du einen schlechten Boden hast, sei er zu trocken oder zu lehmig, pack, wie der Wald, vor allem viel organisches Zeug darauf! Das zersetzt sich und bildet eine immer stärkere Humusschicht.

Jetzt haben wir aber nicht Jahrzehntelang Zeit, wie der Wald. Also, wie Ceri schon schrieb: Sand oder Perlite in schwere Lehmböden geben - und dann möglichst viel organisches Zeug darauf! Das reichert zunächst die oberste Erdschicht mit Humus an, dringt dann aber immer tiefer.
Die Humusschicht, mei, das sind ohnehin nur die oberen 20 - 30 Zentimeter! Es sollte doch gelacht sein, wenn wir diese geringe Tiefe nicht durch regelmäßiges Aufbringen von organischem Material innerhalb von ein paar Jahren verbessern könnten!
Zusätzlich können wir zu höheren Pflanzen Unterpflanzungen anlegen. Wie gesagt, die Natur machte es auch so: sie lässt keinen Zentimeter Boden unbedeckt.

Witzigerweise funktioniert die Bodenverbesserung durch das tiefe Umgraben und das Einbringen von altem Kompost auf Dauer nicht wirklich. Schwerer, toniger Boden bleibt oft hart. Der Vorgang des Umgrabens muss jedes Jahr wiederholt werden.

Warum?

Weil der Kompost nicht mehr lebt. Alter Kompost mineralisiert und stirbt ab. Es geht der Natur aber nicht darum, dass da irgendein Dünger in den Boden gebracht wird, sondern darum, dass der Boden lebendig ist. Nur dann kann sie nach ihren Gesetzen funktionieren.
Also, der Kompost müsste lebendig sein und oben liegen, um auf Dauer eine lockernde Funktion zu erfüllen.

*********
Carolyn schrieb:
Noch etwas, das ich nicht verstehe: Luftabschluß? Sauerstoffmangel? Wenn in 20 oder 30 cm Tiefe alles luftdicht wäre, dann hätten auch Regenwürmer und Pflanzenwurzeln ein Problem. Ich kann mir nur bei stark verdichtetem Boden vorstellen, dass es da zu Problemen kommt. Und ich grabe ja eben um, damit der Boden locker wird.
Ebbens. Lass es sein und pack Kompost und Mulchmaterial oben drauf.

Vielleicht ist Dir in Deinem Kompost auch schon mal aufgefallen, dass er bisweilen schwarze, quarkige Schichten/Stellen hat?
Genau die entstehen, weil hier die Bodenbakterien nicht genug Sauerstoff - aber zu viel Feuchtigkeit - hatten. Die Viecher brauchen ausreichend Luft, um alte Kohlblätter, Salat und Kaffeesatz in wohlduftenden Kompost zu verwandeln. Also, die sind für ihre "Arbeit" stärker sauerstoffabhängig als ein Regenwurm oder eine Wurzel. DIE kommen im Kompost als "Umwandler" zuerst. Zunächst jene Bakterien, die im Kompost Hitze vertragen. Die erledigen ihre Aufgabe, bekommen Kinder und Kindeskinder - und wenn die Hitze zurückgeht, sterben sie ab. Dann kommen schonungslos ihre Leichenfledderer, und zwar wieder Bakterien, der eine oder andere Pilz ist auch dabei: Hei, was machen die sich über geschwächte Alte, kränkelnde Kinder und Kindeskinder der vorherigen Besiedlung her! Rampf, mampf - es wird alles gefressen! Nebenbei wird Kohl, Salat und Kaffeesatz teilweise weiter verdaut - und umgewandelt.
Na, und wenn Du die jetzt unterbuddelst, gehen die alle ein. Aus dem Kohlkopf, den sie hätten umwandeln können, wird dann eine schwarze, faulige Masse.

Erst dann, wenn diese letzteren Bakterien ihr Werk vollbringen, kommt die Zeit der etwas höheren Tiere: Regenwürmer und Springschwänze marschieren ein, die Asseln lassen sich nicht lumpen, Hundertfüßler flanieren hin und her, auf der Suche nach einem gute Zuhause für ihre Kinder. Sie übernehmen dann ein weiteres Umbildungswerk, indem sie Pflanzenbestandteile fressen und koten. Das könnten sie aber nicht, wenn nicht mehrere Bakteriengenerationen vorher schon einen Bestandteil zur Umbildung geleistet hätten.
Die Würmer und Krabbelviecher können aber abhauen, wenn es zu sauerstoffarm wird. Die eingegrabene, sauerstoffabhängige Bakterie nicht. Die erstickt.

Alles Liebe,
Mia
Zuletzt geändert von Mia am Fr Mai 20, 2011 21:57, insgesamt 1-mal geändert.
Ich möchte so ein guter Mensch werden, wie meine Hunde von mir glauben, dass ich es bin.

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