Hallo in die liebe Runde,
danke für viel Lob und Einspruch!
Ich glaub, ich muss hier jetzt mal antworten, hab aber nicht so ganz viel Zeit, mal gucken, ob ich das "sortiert" hinkriege.
Zunächst an Fiddler und Carolyn:
Wer Wurzelunkräuter hat, muss tief graben, sonst wird er sie nicht los. Also, bei Befall mit tiefen Wurzelunkräutern ist das Ausgraben unerlässlich. Das hat aber letztlich nichts mehr mit dem Thema: "Umgraben zur generellen Bodenlockerung" oder "Aufbringen von Kompost" zu tun. Legen wir jetzt also mal das Graben, was der Beseitigung der Wurzelunkräuter dient, in die Vergangenheit und gehen mal einen Schritt weiter:
Liz schreibt:
Wenn man aber nicht umgräbt, dann kann man ja auch nicht großartig krümeln oder? Also ich meine, die Erde so schön krümelig hacken. Und wie soll das bei lehmigem Boden gehen? Ich will ja nicht auf einen Schlag die gesamte Erde halben Meter tief gegen "gute" Erde tauschen. Das Geld habe ich nicht. Statt dessen will ich es auf die Jahre hinweg verbessern. Und das bedeutet, dass ich alljährlich im Frühjahr wie im Herbst Kompost von der Deponie anfahren werde und den einarbeite. Aber wenn ich nicht tief umgrabe, dann wird sich der Boden auch nicht in tieferen Schichten verbessern. Oder??
Carolyn schreibt:
Gründlich auflockern muss ich den Boden, da reicht so eine simple Gartenkralle nicht. Ich hab ja auch schon einige Gabelstiele abgebrochen beim Umgraben, da braucht es schon was Kräftigeres.
Hier sind wir jetzt also rein beim Thema "Bodenlockerung" und " Bodenverbeserung", okay?
In dem, was Ihr beide schreibt, Liz und Carolyn, steckt die gedanklich viel verbreitete Meinung, dass man eben umgraben und in der Tiefe Kompost einbringen MUSS, damit es später den Effekt der Verbesserung des Lehmbodens hat. Der Biogärtner sieht das anders. Er handelt so, wie der Wald das tut.
Und jetzt stellt Euch vor, Ihr
währet im Wald.
Auf der einen Seite haben wir Buchen und Eichen und Robinien, auf der anderen Seite Fichtenschonungen ( so hier in NRW) .
Nun kniet nieder und grabbelt die oberste Schicht des verrottendes Laubes auf der einen Seite, und die der verrottenden Nadeln auf der anderen Seite mit den Händen weg. Was findet Ihr darunter?
Ihr findet unter den Laubbäumen einen braunen, unter den Tannen einen fast schwarzen Boden, jeweils mit ungeheuer lockerer, feiner Struktur.
Nun geht gedanklich aus dem Wald heraus, auf den angrenzenden Acker. Hier findet Ihr festen, gelblichen Lehmboden, bei dem die Bodenpartikel bei Regen verpappen. Hier wird seit Jahrzehnten Mais angebaut oder Winterweizen, oder auch sonstiges Korn, oder Raps.
Es ist nur eine Grenze von einem Meter, die den Wald vom Acker trennt. Die Bodenbeschaffenheit ist aber gänzlich anders.
Im Wald ist sie tiefgründig, dunkel und locker, auf dem Acker ist sie lehmig, fest und trocken. Und dass, obwohl der Mensch hier seit 50 oder 100 Jahren den Acker bestellte.
Der Wald hat genau den gleichen Lehmboden wie der Acker nebenan, trotzdem sieht sein Boden gänzlich anders aus, fühlt sich auch gänzlich anders an. - WARUM?
Hat hier jemand tief gegraben, den Waldboden ständig umgepflügt, um ihn bis in die Tiefen zu lockern, mit Kompost zu düngen, damit er endlich diese unsäglich feine Struktur erhielt? --- Nee, hat keiner gemacht.
Nein, unsere Leute mühten sich auf dem Acker, haben umgepflügt und Nährstoffe eingegraben, und das Ergebnis ist ein recht trockenes, lehmiges Feld, oder, bei Nässe, ein lehmiger Matschhaufen mit schwerer Struktur.
Wer hat nun recht? Der Wald, oder die Leute? - Das Ergebnis liegt auf der Hand, oder?
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Das ist die Kunst des Biogärtners, dem es ein Anliegen ist, die natürlichen Vorgänge in der Natur nachzuahmen, weil er weiß, dass DIE es schafft!
Und wie schafft die Natur einen solch lockeren Boden?
Indem sie ständig von oben "natürlichen Kompost" ( Bätterfall/Nadelfall) als zu verottende Bestandteile draufpackt. Da wird nix eingearbeitet. Da wird nicht umgegraben.
Indem sie ferner schattiert. - Gut, 'nen Wald können wir auf unseren Gemüsebeeten nicht brauchen, aber auch auf Freiflächen lässt die Natur keinen Zentimeter Bodens auf Dauer unbewachsen. Selbst die kleinsten Pflänzchen geben dem Boden Schatten, halten die Feuchtigkeit darin, und spenden durch ihre herabfallenden Blätter neuen Humus.
Auf den Garten der Menschen bezogen bedeutet das: Der Trick ist, immer lebenden Kompost und verrottendes Grünzeug obenauf zu packen, wobei letzteres, als Mulch, auch wieder schattierend wirkt. Er wird, wie Nemesia das völlig korrekt beschreibt, von den Regenwürmer dann wieder eingezogen, was wiederum das Bodenleben verbessert.
Also, je mehr wir uns da der Natur annähern, um so eher wird aus dem gelben, schweren Lehm - von sich aus - ein feinkrümeliger Boden.
Fazit: Wenn du einen schlechten Boden hast, sei er zu trocken oder zu lehmig, pack, wie der Wald, vor allem viel organisches Zeug darauf! Das zersetzt sich und bildet eine immer stärkere Humusschicht.
Jetzt haben wir aber nicht Jahrzehntelang Zeit, wie der Wald. Also, wie Ceri schon schrieb: Sand oder Perlite in schwere Lehmböden geben - und dann möglichst viel organisches Zeug darauf! Das reichert zunächst die oberste Erdschicht mit Humus an, dringt dann aber immer tiefer.
Die Humusschicht, mei, das sind ohnehin nur die oberen 20 - 30 Zentimeter! Es sollte doch gelacht sein, wenn wir diese geringe Tiefe nicht durch regelmäßiges Aufbringen von organischem Material innerhalb von ein paar Jahren verbessern könnten!
Zusätzlich können wir zu höheren Pflanzen Unterpflanzungen anlegen. Wie gesagt, die Natur machte es auch so: sie lässt keinen Zentimeter Boden unbedeckt.
Witzigerweise funktioniert die Bodenverbesserung durch das tiefe Umgraben und das Einbringen von altem Kompost auf Dauer nicht wirklich. Schwerer, toniger Boden bleibt oft hart. Der Vorgang des Umgrabens muss jedes Jahr wiederholt werden.
Warum?
Weil der Kompost nicht mehr lebt. Alter Kompost mineralisiert und stirbt ab. Es geht der Natur aber nicht darum, dass da irgendein Dünger in den Boden gebracht wird, sondern darum, dass der Boden lebendig ist. Nur dann kann sie nach ihren Gesetzen funktionieren.
Also, der Kompost müsste lebendig sein und oben liegen, um auf Dauer eine lockernde Funktion zu erfüllen.
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Carolyn schrieb:
Noch etwas, das ich nicht verstehe: Luftabschluß? Sauerstoffmangel? Wenn in 20 oder 30 cm Tiefe alles luftdicht wäre, dann hätten auch Regenwürmer und Pflanzenwurzeln ein Problem. Ich kann mir nur bei stark verdichtetem Boden vorstellen, dass es da zu Problemen kommt. Und ich grabe ja eben um, damit der Boden locker wird.
Ebbens. Lass es sein und pack Kompost und Mulchmaterial
oben drauf.
Vielleicht ist Dir in Deinem Kompost auch schon mal aufgefallen, dass er bisweilen schwarze, quarkige Schichten/Stellen hat?
Genau die entstehen, weil hier die Bodenbakterien nicht genug Sauerstoff - aber zu viel Feuchtigkeit - hatten. Die Viecher brauchen ausreichend Luft, um alte Kohlblätter, Salat und Kaffeesatz in wohlduftenden Kompost zu verwandeln. Also, die sind für ihre "Arbeit" stärker sauerstoffabhängig als ein Regenwurm oder eine Wurzel. DIE kommen im Kompost als "Umwandler" zuerst. Zunächst jene Bakterien, die im Kompost Hitze vertragen. Die erledigen ihre Aufgabe, bekommen Kinder und Kindeskinder - und wenn die Hitze zurückgeht, sterben sie ab. Dann kommen schonungslos ihre Leichenfledderer, und zwar wieder Bakterien, der eine oder andere Pilz ist auch dabei: Hei, was machen die sich über geschwächte Alte, kränkelnde Kinder und Kindeskinder der vorherigen Besiedlung her! Rampf, mampf - es wird alles gefressen! Nebenbei wird Kohl, Salat und Kaffeesatz teilweise weiter verdaut - und umgewandelt.
Na, und wenn Du die jetzt unterbuddelst, gehen die alle ein. Aus dem Kohlkopf, den sie hätten umwandeln können, wird dann eine schwarze, faulige Masse.
Erst dann, wenn diese letzteren Bakterien ihr Werk vollbringen, kommt die Zeit der etwas höheren Tiere: Regenwürmer und Springschwänze marschieren ein, die Asseln lassen sich nicht lumpen, Hundertfüßler flanieren hin und her, auf der Suche nach einem gute Zuhause für ihre Kinder. Sie übernehmen dann ein weiteres Umbildungswerk, indem sie Pflanzenbestandteile fressen und koten. Das könnten sie aber nicht, wenn nicht mehrere Bakteriengenerationen vorher schon einen Bestandteil zur Umbildung geleistet hätten.
Die Würmer und Krabbelviecher können aber abhauen, wenn es zu sauerstoffarm wird. Die eingegrabene, sauerstoffabhängige Bakterie nicht. Die erstickt.
Alles Liebe,
Mia